Die MLGS erhielt folgenden nicht veröffentlichter Leserbrief zum Artikel in der Unia Zeitung "work" von Marie-Josée Kuhn:
Ausgabe: NR7/15 vom 24.4.2015 hier zu lesen.
"Wir brauchen ein neues Zimmerwald"
Dieser Artikel kommt erst einmal sehr radikal daher: Es wird aus der Geschichte der Arbeiterbewegung berichtet: Revolutionäre,
Kommunisten versammelten sich im kleinen Bergdorf in den Schweizer Alpen, um der Zusammenarbeit der Sozialdemokratischen Führer in Europa mit der
Bourgeoise für einen Krieg, den Klassenkampf, die Revolution und den proletarischen Internationalismus entgegenzusetzten. Es wird nun die Parallele zu heute
gezogen: Fl&üuml;chtlinge fallen vor der Festung Europas und auch in Europa selber werden die Unterschiede zwischen Arm und Reich immer grösser - Länder wie
Griechenland, Spanien und Portugal werden von der Troika zu massivem Sozialabbau erpresst, wenn sie ökonomisch überleben wollen. Soweit so richtig und
die historischen Parallelen sind durchaus sichtbar. Was nun aber die konkreten Visionen für das "neue Zimmerwald" angeht, kommen uns die merkwürdigsten
Sachen entgegen: "Zu den Griechen, die über ihre Verhältnisse gelebt haben…" - welche Griechen haben da über ihre Verhältnisse gelebt? Da wird völlig
kritiklos die Behauptung bürgerlicher Ökonomen vom "Schmarotzertum der Griechen" übernommen. Sicher haben (wie anderswo auch) griechische Kapitalisten
über ihre Verhältnisse gelebt, aber die griechischen Arbeiter und anderen Werktätigen bezahlten dafür (wie anderswo auch) die Zeche. Sie haben sich mit
unzähligen Streiks und Kampfaktionen gewehrt und schliesslich auch an der Urne mit der Wahl von Syriza ihre Entschlossenheit zum Kampf zum Ausdruck gebracht.
Und diese Wahl und ähnliche Wahlen in Spanien (Podemos) etc. sollen nun die Lösung für die Arbeiter bringen - das "Gegenprojekt zum neoliberalen Joch".
Liebe Frau Kuhn - wenn Sie schon wortradikal die Tradition von Zimmerwald bemühen: In Zimmerwald ging es doch eben darum, der Klassenzusammenarbeit der
Sozialdemokratie die revolutionäre Perspektive der Revolution und des Sozialismus entgegenzusetzten. Aber das darf man als brave Gewerkschafterin ja wohl nicht.
Gewerkschaftführer/innen und Sozialdemokrat/innen dürfen zwar über ein Gegenprojekt zum Neoliberalismus nachdenken (den sozialen Kapitalismus, in dem es dann
"gerechte Löhne und Arbeitsbedingungen" geben soll), aber Revolution und Sozialismus sollen doch bitteschön Geschichte bleiben. Revolutionären und Kommunisten
wird gerne vorgeworfen Utopisten zu sein. Aber: im Gegensatz zum "gerechten und sozialen Kapitalismus" war der Sozialismus Realität. Die Oktoberrevolution
war die richtige Antwort des russischen Proletariats und der armen Bauern auf Krieg und Ausbeutung - sie war auch letztlich dafür verantwortlich Europa aus
der faschistischen Barbarei zu befreien. Ja - der Sozialismus erlitt in der Sowjetunion, in China und Osteuropa eine Niederlage. Verschiedene Faktoren waren
dafür verantwortlich - auch Fehler der Kommunisten und Kommunistinnen und ihrer Parteien. Fehler aber kann man korrigieren, indem man daraus lernt und Folgerungen
zieht. Den Fehler aber - den Kapitalismus/Imperialismus - da gibt es nichts zu korrigieren, er muss beseitigt werden! Zur sozialistischen Revolution gibt es keine
Alternative. Parteien und Organisationen weltweit haben den Kampf längst aufgenommen gegen die Ausbeutung von Mensch und Umwelt. Zusammengeschlossen in der
Weltorganisation ICOR (Internationale Koordination revolutionärer Parteien und Organisationen - www.icor.info -) um diesen Kampf weltweit zu führen. Das neue
"Zimmerwald" findet weltweit täglich statt.
T..., Basel ende April 2015
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